Lehrjahre einer Stadtteilvertretung

Eine vorläufige Bilanz nach fünf Jahren Sanierungspolitik

Von Reinhard Tantow

Kommunalpolitik in Spandau ist traditionell Altstadtpolitik. Dabei spielt es keine Rolle, welche Partei im Rathaus, in Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung, gerade die Mehrheit stellt. Seit Menschengedenken gilt das eherne Prinzip: Erst die Altstadt, dann eine Weile „nüscht“ und am Ende, vielleicht, die peripheren Quartiere. Wirtschaftlich halbwegs funktionierende Nebenzentren waren und sind unerwünscht. Eine mächtige Altstadtlobby, bestehend aus Wirtschaftshof, „Partner für Spandau“, AG Altstadt und, neuerdings zusätzlich und obendrauf, der Altstadt-Agentur, weiß Besitzstände zu sichern und zu mehren.

Für die Spandauer Wilhelmstadt hatte ein solches permanentes politisches Desinteresse katastrophale Folgen. Die Pichelsdorfer Straße, früher von älteren Bürgerinnen und Bürgern gerne, mit nur mäßiger Übertreibung als „der Kurfürstendamm von Spandau“ bezeichnet, verkam regelrecht. An die Stelle von interessanten, wenn auch nicht gerade originellen Fachgeschäften trat mehr und mehr Mittelmaß und Gewöhnlichkeit. Am Ende eines langen Niedergangsprozesses, dessen Anfänge bis in die sechziger und siebziger Jahre (des XX. Jahrhunderts) zurückreichen und der seit Mauerfall und Wiedervereinigung 1989/90 merklich an Fahrt aufnahm [1], degenerierte die Wilhelmstadt zum Eldorado der Spielhöllenbetreiber, Apotheker und Friseure [2]. — Dem Vernehmen nach soll es nächtens sogar vermehrt zu kriminellem Verhalten nebst Drogenhandel gekommen sein.

Als gleichsam experimentelle Kehrseite zu jahrzehntelanger Vernachlässigung wurde die Wilhelmstadt im März/April 2011 zum Sanierungsgebiet erklärt. Es war allerhöchste Zeit dazu. Das Projekt ist auf 15 Jahre angelegt, fünf davon sind, nach Adam Riese, schon vorbei. Vorgesehen ist, die öffentlichen Räume, die Straßen und Plätze [3], genauer zu untersuchen, sie mit kritischer Intention beinahe so zu betrachten, als sähe man sie zum ersten Mal, um vielleicht zu einer städtebaulichen Gesamtkonzeption für die Wilhelmstadt zu gelangen, in der nicht länger mehr der motorisierte Individualverkehr das Maß aller Dinge darstellt. Utopische Zielvorstellung ist ein dem Menschen gemäßes Stadtquartier, in dem für Verkehrsteilnehmer aller Art genügend Raum für nicht allein gefahrloses, sondern auch angenehmes Fortbewegen und Verweilen zur Verfügung gestellt wird.

Das deutsche Baugesetzbuch (§ 137) bestimmt, dass das stadtentwicklungspolitische Geschehen in Sanierungsgebieten unter Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen erfolgen soll. Zu diesem Zweck wurde die Stadtteilvertretung Wilhelmstadt, unsere berühmte STV, als institutionalisierte Bürgerbeteiligung gebildet. Es handelt sich um ein offenes Bürgergremium. Ein förmliches Wahlverfahren im engeren Sinne des Wortes hat es nicht gegeben. Jeder, der in der Wilhelmstadt lebt oder arbeitet, ein Gewerbe betreibt oder als Grundeigentümer ein Interesse verfolgt, ist als Stadtteilvertreter herzlich willkommen [4]. Wir freuen uns aber auch über Gäste von jenseits der Kiezgrenzen, die sich für die Wilhelmstadt interessieren und uns mit Rat und Tat zur Seite stehen möchten. Ein kritischer Blick von außen kann erfahrungsgemäß keinesfalls schaden [5].

Als ehrenamtlich tätiger Vorstand fungiert ein Gremium aus drei Sprechern und drei stellvertretenden Sprechern. Die Stadtteilvertreter achten übrigens penibel darauf, keine mittleren oder gar höheren Repräsentanten der etablierten politischen Parteien zu ihren Sprechern zu ernennen. Diese distanzierte Haltung Institutionen gegenüber, die in Deutschland bekanntlich Verfassungsrang genießen, wurzelt in individuell gemachten Erfahrungen, wonach „Parteipolitik“ nicht sinnvollerweise in Bürgerforen hineingetragen werden sollte [6]. Es gibt eine Geschäftsordnung der STV und eine Kooperationsvereinbarung mit dem Bezirksamt Spandau. Die Verhandlungen darüber gestalteten sich schwierig; wir erinnern uns mit Schrecken und Grausen. — Die Stadtteilvertretung für das Sanierungsgebiet Wilhelmstadt trifft sich am 1. Mittwoch eines jeden Monats gegen 19 Uhr im Stadtteilladen, Adamstraße 39, direkt am Földerichplatz, im ehemaligen Postamt.

Selbstverständlich hat eine Stadtteilvertretung nur beratende Funktion. Am Ende entscheidet immer noch die Stadt Spandau im Einvernehmen mit der zuständigen Senatsverwaltung. Es ist notwendig, sich das klarzumachen, damit keine Illusionen aufkommen.
Eine Hauptrolle im Sanierungsprozess spielt hingegen das KoSP, das Koordinationsbüro für Stadtentwicklung und Projektmanagement. Es handelt sich dabei um das Berliner Expertenbüro, das die grundlegenden Planungen erarbeitet hatte und nun deren Weiterentwicklung und Realisierung, wobei weitere, spezialisierte Expertenbüros zum Zuge kommen, steuern soll. Das KoSP ist also der „Prozesssteuerer“. — Von Anfang an wurde indes offenbar, dass das KoSP ein konzeptionelles stadtplanerisches Vorgehen eher ablehnt [7]; es verfolgt im Prinzip eine Strategie der punktuellen Maßnahmen. Ob diese, sagen wir: drei Dutzend Einzelvorhaben an allen Ecken und Enden der Wilhelmstadt letztlich ein in sich geschlossenes Ganzes ergeben können oder nicht, wird allenfalls am Rande thematisiert.

Genau an dieser Stelle versucht die Stadtteilvertretung, mit ihren bescheidenen Möglichkeiten „gegenzusteuern“. Wir möchten Schwerpunkte setzen und wollen wissen, ob die erforderlichen Finanzmittel und Planungskapazitäten auch zur Verfügung stehen. Das ist, wie sich leicht erraten lässt, nicht wirklich einfach [8].

Die Stadtteilvertretung Wilhelmstadt hat bislang leider nur eine einzige Arbeitsgruppe gegründet. Das ist die AG Verkehr unter der Leitung/Koordination von Frank Meyer. Die Mitstreiter treffen sich am 2. Mittwoch eines jeden Monats um 19 Uhr im Stadtteilladen. Ihr Hauptinteresse gilt zur Zeit den Geschäftsstraßen (Pichelsdorfer Straße, Adamstraße, Weißenburger Straße), den Plätzen (vor allem dem Metzer Platz), aber auch der Zukunft des Südhafengeländes [9]. — Wiederum steht im Mittelpunkt die Forderung nach einer konzeptionellen Herangehensweise. Die bislang bekannt gewordenen Planungen für die Pichelsdorfer Straße sind nicht schlecht, lassen aber jeden Zusammenhang mit dringend erforderlichen Umgestaltungen des Metzer Platzes vermissen [10].

Nach fünf Jahren Sanierungsgebiet Wilhelmstadt muss eine nüchterne, aber keinesfalls ernüchternde Bilanz gezogen werden. Wir haben uns zusammengerauft, konstruktiv gearbeitet und dabei kleinere Konflikte zu bereinigen gewusst. Größeren Ärger gab es über Monate wegen der Protokolle des Sanierungsbeirates. Das ist das wichtige Gremium, in dem Senatsverwaltung, Bezirksamt, Prozesssteuerer, hinzugezogene Experten, Stadtteilzeitung „wilma“ sowie eine Anzahl [11] Repräsentanten der Stadtteilvertretung über die aktuellen Entwicklungen im Sanierungsgebiet beraten. Plötzlich und unerwartet hieß es nach Jahren der erlaubten Einblicknahme, jetzt dürften die einfachen, die gemeinen Stadtteilvertreter die Protokolle des Sanierungsbeirates nicht mehr übermittelt bekommen. Auch die weitere Veröffentlichung dieser Protokolle auf der Website der STV wurde strikt untersagt. Lediglich dem Sprechergremium wurden die nunmehr gewissermaßen „geheimen“ Beiratsdokumente als Arbeitsgrundlage zur Verfügung gestellt. Zur Begründung für einen solchen eklatanten Rückschritt im Hinblick auf Informationsfreiheit und Transparenz hieß es, eine öffentliche Bekanntgabe der Beratungen des Sanierungsbeirates könne eventuell die privaten oder wirtschaftlichen Interessen einzelner Akteure verletzen. Die Ausrede ist den Herrschaften aber verdammt spät eingefallen! Nun, es ist evident, dass mit dieser reichlich willkürlichen Maßnahme die sachdienliche Arbeit der Stadtteilvertretung nicht eben erleichtert wurde. Unsere Sprecher, die durch die von ihnen unterzeichnete Datenschutzerklärung gebunden sind, gerieten in die unangenehme Lage, dem Plenum über Vorgänge berichten zu sollen, über die sie womöglich am Ende dann doch wieder nicht hätten berichten dürfen, da diese möglicherweise der Geheimhaltung unterliegen. Es bedurfte eines Sturmes im Wasserglas und der Androhung der Auflösung der STV, um Abhilfe zu schaffen. Mittlerweile werden die Protokolle der monatlich stattfindenden Sitzungen des Sanierungsbeirates wieder sämtlichen Mitgliedern der Stadtteilvertretung Wilhelmstadt zur Verfügung gestellt. — Es ist eine Pest, aber wir arbeiten weiter dran.

Bis hierher also eine eher karge, streckenweise vielleicht etwas missmutig daherkommende Sachstandsbeschreibung. Es fehlt ein Resümee und erst recht eine spannende Vision für die Zukunft. Wir bräuchten vielmehr dringend eine Art stadtentwicklungspolitischen Suspense. Indes, dergleichen ist leichter gefordert als imaginiert und aufgezeichnet. Vielleicht wäre es hilfreich, in einem ersten Arbeitsschritt die Bürgerinnen und Bürger der Wilhelmstadt jeden Morgen mit duftenden Rosinenbrötchen und leckeren Laugencroissants zu wecken und sie um „mehr Verantwortung“ und „mehr Engagement“ zu bitten. In den Städten der Schweiz ist freiwilliges Mitwirken zum Wohle des Stadtquartiers eine Selbstverständlichkeit. Warum nicht in Spandau? Wahrscheinlich muss man die Geschichte bemühen, um diese Frage auch nur annäherungsweise beantworten zu können. Deutschland war geeinigt von 1870/71 bis 1945, das macht 75 Jahre, dann wieder von 1990 an. Wir blicken also stolz zurück auf gerade eben 100 Jahre Deutsche Einheit — mit einer erschreckenden zwölfjährigen Dekadenzphase im Zentrum, auf die die Völkergemeinschaft gerne verzichtet hätte. Im Vergleich mit Frankreich oder England oder auch mit der Schweiz kann also von staatbürgerlicher Tradition in Deutschland noch kaum die Rede sein. Vor diesem Hintergrund scheint ein „großer Sprung nach vorn“ in Richtung gentleman und citoyen ausgerechnet in der beschaulichen, dezent wilhelminischen Wilhelmstadt kaum vorstellbar.

Trotz alledem, die Wilhelmstadt bietet dem unvoreingenommenen Betrachter ein gewisses melancholisches Flair und überraschend schöne Ecken. Im Zweiten Weltkrieg wurde wenig, fast nichts zerstört. Man kann also mit gelinder Übertreibung behaupten, die Wilhelmstadt sei die eigentliche, die wahre Altstadt Spandaus, ein großes, zusammenhängendes Altbaugebiet mit architektonischen Highlights aus unterschiedlichen Stilrichtungen. Mit diesem Pfund sollten wir wuchern!

Die Beziehungen zwischen der Wilhelmstadt und ihrem großen, alten Strom, der Havel, müssen leider als äußerst gespannt charakterisiert werden. Man ist sich fremd geworden. Die Havel kommt dreckig und eingeengt, eingezwängt, wie kanalisiert daher. Die verrostete, verkommene Schulenburgbrücke signalisiert dem Spaziergänger unmissverständlich: „Wanderer, jetzt kommst du in einen armseligen Stadtteil! Beschleunige deine Schritte! Kehre um! Erst am Lindenufer, am Rathaus bist du wieder in Sicherheit!“ Die Wilhelmstädterinnen und Wilhelmstädter wissen das; sie sind auch traurig darüber. Den alten Leuten kommen die Tränen. Aber wer vermag es schon, die Geschicke der Welt zu verändern?

Unsere Stadtteilvertretung für das Sanierungsgebiet Wilhelmstadt ist immerhin ein Anfang. Wir sind stur; wir geben nicht auf.

Zum Abschluss soll Michael Henkel zu Wort kommen. Er ist ein starker Immobilienmann, der gegenwärtige „Sprecher der Sprecher“ — auch er würde sich, glaube ich, niemals selber so bezeichnen — und im Grunde der Vorsitzende der Stadtteilvertretung Wilhelmstadt:

„Spandau ist — jedenfalls der nördliche Teil — von geringer Kaufkraft gekennzeichnet. Insofern halte ich es städtebaupolitisch für notwendig, genau zu überlegen, welche Schwerpunkte in den Subzentren zu legen sind. Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Wiederbelebung des ‚Spandauer Ku’damms‘ auf absehbare Zeit kaum realisierbar sein dürfte. Insofern ist eine Neuausrichtung der Gewerbe dringend erforderlich — bis hin zur schmerzhaften Erkenntnis, dass es sinnvoller sein mag, wieder auf Wohnungen zu setzen.“

Berlin-Spandau, 29. Januar 2016

[1]

Thomas Claudius benennt drei einzelne Faktoren, die in ihrer Gesamtheit zu einem bedeutenden Verlust an Kaufkraft für die Wilhelmstadt führten:
„1) Das Wegziehen von Leuten, die es sich leisten konnten, ins Umland zu ziehen, mit dem damit einhergehenden Verlust an Kaufkraft.“
„2) Der Bau von großen Kaufmärkten: Kaufland (auf dem Kasernengelände an der Wilhelmstraße), Havel Park Dallgow (in Dallgow-Döberitz), Arcaden (am Brunsbütteler Damm).“
„3) Insbesondere die Umleitung der Buslinie 134 über die Wilhelmstraße, unter Umgehung der Pichelsdorfer Straße, entzog ebenfalls eine enorme Kaufkraft der Gatower und Kladower unserer Wilhelmstadt.“
Die merkwürdige, kaum nachvollziehbare Umfahrung der Wilhelmstadt durch die Buslinie 134, die die Wilhelmstädterinnen und Wilhelmstädter „früher“ oder seit Generationen zur Altstadt und zum Friedhof im Norden sowie nach Gatow und Kladow und zu den dort gelegenen Kliniken und Krankenhäusern im Süden brachte, erhitzt seit langen Jahren schon die Gemüter. Umgekehrt, und darauf kommt es in diesem Zusammenhang an, konnten natürlich die Gatower und Kladower mit dem „34er“ oder dem „134er“ relativ bequem in die Wilhelmstadt, speziell in die Pichelsdorfer Straße gelangen, um dort einzukaufen. Mittlerweile, das muss man ganz realistisch sehen, hat sich in Kladow ein gut funktionierendes Einkaufszentrum für die Waren des täglichen Bedarfs entwickelt. Parkplätze vor der Tür sind dort reichlich vorhanden. These I: Es gibt keine guten Gründe mehr für Menschen aus Kladow, die Pichelsdorfer Straße in ihrem gegenwärtigen beklagenswerten Zustand zu besuchen. These II: Die Kladower orientieren sich eher nach Zehlendorf; die Wilhelmstadt gilt ihnen als Auslaufmodell. Was aber lernen wir daraus? Eine einmal getroffene kommunalpolitische Fehlentscheidung lässt sich nicht einfach rückgängig machen; ihre negativen Auswirkungen bleiben bestehen und wirken nach.

[2]

Nichts gegen Apotheker und Friseure; sie tun ihre Arbeit und sind aller Ehren wert. Geradezu alarmierend ist jedenfalls eine rasante Abnahme der Warenvielfalt. Man könnte versucht sein, von einer sich ausbreitenden und verfestigenden „Einzelhandelsbilligstruktur“ in der Wilhelmstadt zu sprechen. Fleischereien müssen schließen, Bäcker haben es schwer; die Eröffnung eines kleinen Fischgeschäftes kommt einem betriebswirtschaftlichen Amoklauf bedenklich nahe. Die mangelnde Kaufkraft im Sanierungsgebiet Wilhelmstadt macht sich bemerkbar. Es fehlt schon längst auch am Alltäglichen und Elementaren. Eine Buchhandlung wird von den meisten Bewohnern der Wilhelmstadt wahrscheinlich nicht einmal vermisst. Spätverkaufsstellen und Handyhökerer füllen die Lücken in ihrer spezifischen Art und Weise. Es ist ihnen kein Vorwurf daraus zu machen.

[3]

Ein großer Teil der Sanierungsgelder wird in die Wilhelmstädter Schulen investiert werden. Beispielsweise soll die Christoph-Földerich-Grundschule endlich die seit zwei oder drei Ewigkeiten versprochene neue Sporthalle bekommen. Die alte „Turnhalle“ bleibt erhalten und wird zu einer modernen Mehrzweckhalle umgestaltet. — Ein Millionenvorhaben, über dessen zeitnahe Realisierung die Eltern und Großeltern der Kinder der Wilhelmstadt allerdings mit Argusaugen wachen müssen.

[4]

Ein „offenes“ Bürgergremium — gewiss; aber das soll nicht bedeuten, dass die Stadtteilvertreter kommen und gehen, ganz wie sie möchten. Die Regularien der Geschäftsordnung der STV zielen darauf ab, eine kontinuierliche Arbeit von „Vollmitgliedern“ für die Wilhelmstadt zu erreichen: „In der Stadtteilvertretung kommen Menschen zusammen, die im Sanierungsgebiet oder in unmittelbarer Nähe davon wohnen, ein Gewerbe betreiben, Grundeigentum nutzen oder denen es gehört.“ (§ 1 [3]) „Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist die protokollierte Teilnahme an mindestens einer vorherigen Versammlung der Stadtteilvertretung in den vergangenen 12 Monaten und eine schriftliche Beitrittserklärung.“ (§ 2 [2])

[5]

Von Zeit zu Zeit gab es Überlegungen in der STV Wilhelmstadt, den Kontakt zu den Stadtteilvertretern der anderen Berliner Sanierungsgebiete zu suchen. Daraus wurde bislang noch nichts, aber vielleicht ist sinnvoll, den Gedanken jetzt, nach fünf Jahren Sanierung wieder aufzugreifen und eventuell eine Art Vollversammlung zum Erfahrungsaustausch zu organisieren.

[6]

Auch der mittlerweile leider aufgelöste Bürgerverein „Meine Wilhelmstadt“ — mit der STV weder in tatsächlicher (nach Sinn und Zielsetzungen sowie personeller Zusammensetzung) noch in formaler, rechtlicher Hinsicht vergleichbar — hatte in seiner Satzung (im Gegensatz zu einer Geschäftsordnung) fest verankert, dass keine politischen Repräsentanten in den Vereinsvorstand gewählt werden dürfen.

[7]

Von Frank Meyer stammt der bedenkenswerte Hinweis, dass an dieser Stelle möglicherweise der falsche Esel geprügelt wird. Seiner Ansicht nach hat das KoSP von Senat und Bezirk gar nicht erst den Auftrag erhalten, stadtentwicklungspolitische Konzeptionen für die Wilhelmstadt zu erarbeiten. Der Prozesssteuerer verfolge also nicht nur eine „Strategie“ der punktuellen Maßnahmen; er müsse sich, seinem Arbeitsauftrag gemäß, auch genau darauf beschränken.

[8]

Thomas Claudius, als „Sprecher der Sprecher“ (er selber würde sich vermutlich nicht so bezeichnen) lange Zeit eine treibende Kraft unserer STV, der auch mit seinem Verein „Meine Wilhelmstadt“ fünf Jahre lang ehrenamtliche Stadtteilarbeit geleistet hat, nimmt kein Blatt vor den Mund. Er kritisiert das „Mauern“ von Sanierungsbeirat und Verantwortlichen im Bezirk, die oft intransparente Zusammenarbeit, die sich durch zähen Informationsfluss, ständiges Nachfragenmüssen nach dem letzten Stand und die häppchenweise Weitergabe von Informationen auszeichnete. „Vorentscheidungen der bezirklichen Schaltstellen, ohne wirkliche Partizipation der staatlich verordneten Bürgerbeteiligung, machten die Zusammenarbeit nicht immer leichter.“

[9]

Die Schulenburgbrücke hat über 100 Jahre auf ihrem rostigen Buckel und lässt sich nicht mehr sanieren. Für die Containerschifffahrt ist sie zu tief, aber nur etwas zu tief. Sie stellt kein wirkliches Verkehrshindernis dar. Der erforderliche Ersatzneubau wird darum außerhalb des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 17 (Binnenschifffahrt), aber unter finanzieller Beteiligung des Bundes, in der Verantwortung des Senats von Berlin realisiert werden.

[10]

In der Gründungsphase befindet sich zur Zeit noch die AG Video (Arbeitstitel). Unter der Leitung von Mikk Schunke wollen politisch keineswegs korrekte Kreative einen Dokumentarfilm über die Wilhelmstadt herstellen. Das dazu benötigte technische Equipment ist großenteils bereits vorhanden.

[11]

Offiziell werden zu den Sitzungen des Sanierungsbeirates die drei Sprecher der STV erwartet. Stellv. Sprecher bekommen nur dann eine Einladung, wenn der eine oder andere Sprecher keine Zeit hat, also im Verhinderungsfall, wie es heißt. Es dürfen ausnahmsweise wohl gerne auch einmal vier Mitglieder des Sprechergremiums erscheinen. Wie sich die Gesichtsausdrücke der Sanierungsoberen allerdings verändern würden, falls eines Abends der komplette sechsköpfige Bürgerhaufen zwecks Einflussnahme im Stadtteilladen aufschlagen sollte, haben wir bislang noch nicht ausprobiert. — Wie vielleicht erinnerlich ist, wurde vor etwa zwei Jahren ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion in der Spandauer Bezirksverordnetenversammlung (BVV), der die prinzipielle Öffentlichkeit des Sanierungsbeirates für das Sanierungsgebiet Wilhelmstadt vorschlug, abgelehnt.